Alexander Moszkowski, deutscher Schriftsteller und Satiriker polnisch-jüdischer Abstammung, war der Bruder des Komponisten und Pianisten Moritz Moszkowski. Für ihre gemeinsame Parodie anläßlich Bechsteins Geburtstags diente ihnen die Schülerszene aus Goethes „Faust“ als Vorlage. Alexander steuerte den Text bei, Moritz die musikalischen Parodien, deren Variationsthema
Kadenzen
Carl Bechstein (1826–1900) war der Firmengründer der renommierten Klavierfabrik in Berlin, die auch heute noch hochwertige und von Pianisten geschätzte Instrumente herstellt. Bechstein gründete die Firma 1853, im selben Jahr, in dem auch Steinway und Blüthner ihre Klavierwerkstatt eröffneten.
Ich klopf' und niemand ruft herein? So tret' ich ungerufen ein; Der Magier Faust scheint nicht zu Hause, Versucht gewiß bei Gretchen mein System; So mach' ich's mir denn hier bequem In seiner eigenen Forscherklause. (Blickt umher.) Veränderung gar mancherlei Hat Faust in diesem Raum gemacht, Den alten Hausrat, halb entzwei, Den hat der Trödler fortgebracht: Nun steht an dieser Stelle gar Ein gänzlich neues Mobiliar; Ich weiß auch, wie das zugegangen: Seit Faust zu lieben angefangen, Ward er modern in jeder Weise, Er kultiviert die feinen Kreise, Schwärmt jetzt für Künste fabelhaft; Selbst ein Klavier hat er sich angeschafft. O Ironie! Faust spielt und komponiert! Klavier-Romanzen ein ganzes Schock, Die bald erscheinen bei Bote & Bock, Hat er schon Gretchen dezidiert! Dort hängt sein alter Mantel noch; Der wird wohl bald sein Erdendasein enden, Eh' er zerfällt, will ich ihn doch Als Hausrock für mich selbst verwenden. (Er zieht den Mantel an und setzt die Kappe auf.) So schlüpfen wir getrost hinein In diese weichen, weiten Falten! Käm' jetzt ein Fremder hier herein, Er könnte mich für Faust wohl halten; Da würde ich Effekt erzielen, Extempore ein Kollegium lesen, Ein wenig den Magister spielen ist immer Teufelsspaß gewesen. Horch, horch! Geräusch! Ganz deutlich spür' ich, Daß einer auf dem Flure streicht, Ein fahrender Scholast vielleicht; Da ist er schon, ich bin begierig! Schüler (tritt auf) Ich bin allhier erst kurze Zeit Und komme voll Ergebenheit, Einen Mann zu sprechen und zu kennen, den alle mir mit Ehrfurcht nennen. Mephisto Eure Höflichkeit erfreut mich sehr, Wer seid ihr selbst? Wo kommt ihr her? Es ist, wenn man Visite macht, In jedem Fall doch angebracht, Entweder die Karte hereinzuschicken Oder sich mündlich auszudrücken; Von euch noch nicht das mindeste weiß ich. Schüler Der ANTON NOTENQUETSCHER, so heiß' ich; Ich bin ein strebsamer Musikant, Durchstreifte schon so manches Land Und weilte bis zum Semester, dem vorigen, Auf siebzehn verschiedenen Konservatorien. Ich spielte, das kann ich leidlich erhärten, Auf fünfundvierzig Prüfungskonzerten, Ward wenig gelobt und viel verrissen, Von manchem Direktor hinausgeschmissen, Obschon ich stets die Tonkunst liebte Und immer wie besessen übte. Mephisto Wollt ihr euch hier um Wohnung bemüh'n? Schüler Vorläufig wohn' ich bei Mutter Grün; Das ist die einzige Frau ohne Frage, Die mir nicht kündigt alle acht Tage. Denn wo ich sonst in der Welt logiert', Ward ich im Umseh'n exmittiert, Weil alle Nachbarn bei meinem Studieren Gewöhnlich den Schutzmann herbeizitieren. Mephisto Da habt ihr mancherlei erlebt; Wohl dem, der stets ins Freie strebt! Seid ihr schon öffentlich aufgetreten? Schüler Ein einziges Mal: ich glaube in Cöthen. Alldort gelang mir's, den stattlichen Haufen von zwanzig Freibillets zu verkaufen. Doch macht' ich in jener gesegneten Landschaft Tags drauf die unangenehme Bekanntschaft Des dortigen Gefängnisverließes; Gewerbsmäßiger FALSCHSPIELER sei ich, so hieß es, Und außerdem, ist so was erhört? Ich hätte die Abendruhe gestört. Mephisto Ihr hattet, das scheint mir ganz evident, Ein unzureichendes Instrument In eurem Konzert; wollt ihr Beifall erzielen, So müßt ihr, das merkt euch, Bechstein spielen: Da kommt der Klang stets tadellos, – Selbst wenn man daneben greift, klingt's noch famos. Schüler Habt Dank! Mir soll die Einsicht reifen; Ich bin sehr stark im Danebengreifen, Ja, ich vergreife mich dann und wann An Stücken, die ich nicht spielen kann; Beweis: mein Repertoire-Verzeichnis. Mephisto Das Unzulängliche – hier wird's Ereignis. Ich merke schon seit geraumer Zeit, Ihr seid nicht ohne Talentlosigkeit Und habt im Künstlererfolgsbereich Eine herrliche Zukunft – HINTER euch. Nur scheint ihr mir, korrekt genommen, noch nicht vor die rechte Schmiede gekommen; Euch fehlt noch das Fundament, der Boden der allermodernsten Lehrmethoden, Ihr steckt noch im alten Schlendrian. Schüler Ich bitte euch, nehmt euch meiner an! Ich komme mit allem guten Mut, Leidlichem Geld und frischem Blut, Und alle Welt sagt mir von je, Bei euch, Herr Faust, könnt' ich was lernen, Denn bis in allerweitste Fernen Drang euer Künstlerrenommee. Mephisto Ihr lobt mich über'n grünen Klee, Mein bloßer Name lockt euch hier, Doch sagt, was wißt ihr denn von mir? Nennt doch ein Werk von mir sogleich! Schüler Der FAUST-WALZER ist ja von euch Und manches andere schöne Stück, kurzum die ganze Faust-Musik; Bei einem Manne, der das konnte, Erweitern sich die Horizonte. – Nur fürchte ich die Gegenwart Von einem Meister solcher Art Wird mich verschüchtern und bedrücken, Ich fürchte sehr, mir wird nichts glücken, Und der Respekt wird auf mir lasten, Wenn ich berühre diese Tasten, So daß ich gar nicht spielen kann. Mephisto Das kommt nur auf Gewohnheit an. So nimmt ein Kind den Fingersatz Nicht gleich am Anfang willig an, Doch bald greift Lust am Studium Platz; So wird sich auch in meinen Lehren Bei euch die Sicherheit vermehren. Schüler O, euer Zuspruch scheucht mein zages Bangen, Doch sagt mir nur, werd' ich zum Ziel gelangen? Mephisto Erklärt euch erst, bevor ihr weitergeht: Was wählt ihr für eine Spezialität? Schüler Ein Vortragskünstler möcht' ich werden Und möchte gerne, was auf Erden gedruckt vorhanden ist in Noten, Durchaus beherrschen mit meinen Pfoten. Mephisto Da seid ihr auf der rechten Spur; Nur immer 'ran an die Klaviatur! Gewiß, ihr werdet die Kunst schon erfassen, Doch müßt ihr euch nicht zerstreuen lassen. Schüler Ich bin dabei mit Seele und Leib; Doch freilich würde mir behagen Ein wenig Freiheit und Zeitvertreib An schönen Sommerfeiertagen, Mit Kommilitonen umherzuspazieren Und auch ein wenig zu poussieren Die hübschen talentvollen Schülerinnen. Mephisto Gebraucht die Zeit, sie geht so schnell von hinnen, Doch Ordnung lehrt euch Zeit gewinnen; Mein teurer Freund, ich rat' euch drum: Zuerst seht euch im Clementi um, Und zwar in jenem Werk zumeist, Das "Gradus ad Parnassum" heißt; Da wird die Hand euch wohl dressiert, In jeder Lage exerziert, Daß sie in schulgerechter Art Die richt'ge Haltung stets bewahrt Und nicht etwa die Kreuz und Quer Irrlichteliere hin und her. Dann lehret man euch manchen Tag, Das, was euch sonst auf EINEN Schlag, Wenn ihr's versucht, total mißrät, Sehr leicht durch ein ARPEGGIO geht. Zwar ist's mit einem Vortragsstück Grad' wie in einer Weberfabrik, Wo ein Tritt tausend Fäden regt; Der Tritt, den man zu geben pflegt Am Pianoforte aufs PEDAL, Ist auch entscheidend jedes Mal, Weil es, wenn euch der Tritt mißlingt, Sofort ganz miserabel klingt. Der Pädagoge, der tritt herein Und beweist euch, es müßte so sein, Und wird euch in specie mit Lehren erfüllen, Wie JEDER FINGER besonders zu drillen: Der ERSTE steh' so, der ZWEITE so, Und drum der DRITTE und VIERTE so, Und setzt ihr den ersten und zweiten nicht gut, So geht euch die ganze Passage kaputt. Das preisen die Schüler aller Orten, Sind aber keine Weber geworden, – Womit ich natürlich ganz alleine Den CARL MARIA VON WEBER meine. Schüler Kann euch nicht eben ganz verstehen. Mephisto Das wird nächstens schon besser gehen, Wenn ihr lernt alles korrekt phrasieren, Den Ton schattieren und nuancieren. Schüler Mir wird von alledem so dumm, Als säße ich schon auf dem Podium. Mephisto Nachher vor allen anderen Sachen Müßt ihr euch an die höhere Technik machen. Da gilt's die Schwierigkeiten häufen In knallenden Oktavenläufen, Die wie Mitrailleusen prasseln; Da müßt ihr Sexten herunterrasseln, Daß Hören und Sehen vergeht im Nu Dem, welcher zuhört, und euch dazu. Fünf Stunden habt ihr jeden Tag, Seid drinnen mit dem Glockenschlag, Habt euch vorher wohl präpariert, Das Pensum tüchtig einstudiert, Damit ihr bald von dannen geht Als Virtuos, wie er im Buche steht. Schüler Gewiß, das tu' ich mit Vergnügen, Ich denke mir, wie viel es nützt: Denn was Max SCHWARZ und Josef WEISS besitzt, Das will auch ich in die Finger kriegen. Mephisto Doch wählt mir eine Spezialität. Schüler Zum Fugenspiel kann ich mich nicht bequemen. Mephisto Ich kann es euch so sehr nicht übel nehmen. Ich weiß, wie es mit diesen Fugen steht: Die Themen schieben sich kanonisch Wie ein ewige Krankheit fort, Sie schleppen sich beständig polyphonisch, Der Kontrapunkt herrscht hier als Sport; Es gibt allda zu jeder Frist Ein ewiges motivisches Gepinke, Die RECHTE, die mit uns geboren ist, kopiert fast immer nur die LINKE. Schüler Ja, ja, ich wähl' ein ander Ziel. Jedoch ich möcht' euch noch befragen: Wollt' ihr mir vom Vierhändig-Spiel Nicht auch ein kräftig Wörtlein sagen? Ich spiele nämlich gern vom Blatt Sowohl mit Herrn als auch mit Damen. Mephisto Ich bin des sanften Tons nun satt, Nun denn mal derb in Teufels Namen! Der Geist des Quatremains ist leicht zu fassen, Courage lautet da das Losungswort: Ihr müßt euch auf den ANDERN stets verlassen, Bleibt ihr auch stecken – der spielt fort! Ihr tut, als wär' das selbstverständlich, Blickt in die Noten immerzu, Und kommt dann die Fermate endlich, Trefft ihr den Partner dort im Rendezvous. Besonders lernt die Weiber führen, Ist erst zum Zweck ein Flügel da; Man kommt beim Quatremains-Studieren Der Dame oft erfreulich nah; Versteht euch recht heranzudrücken Und fasset sie mit feurig schlauen Blicken Wohl um die Taille elegant, Um zu erreichen den Diskant. Schüler Das sieht schon besser aus! Man sieht doch wo und wie. Mephisto Grau, teurer Freund, ist alle Theorie, Und grün, mein junger Herr, sind Sie! Schüler Ach, schrecklich grün, ich glaub' es selber fast. Und außerdem bedrückt mich noch der Kummer Sowohl bei Tage, wie auch nachts im Schlummer, Ob meine HAND zur Kunst auch wirklich paßt. Mephisto Das wollen wir ermitteln auf der Stelle. Ich habe hier zur Hand für solche Fälle Das allerneueste Röntgen-Instrument, Das zeigt den Knochenbau uns evident. Hier legt die Hand auf, wie ihr geht und steht, Ich laß' derweil die Elektrizität Im innern Raum des Apparates spielen, Damit wir einen X-Strahl flugs erzielen, Und mit der Linse, die dadrinnen steckt, Vergrößre ich zugleich euch das Objekt. PROBATUM EST, ich sage eins, zwei, drei – Nun blicket her: hier ist das Konterfei! (Er zeigt das Portrait der Knochenhand.) Schüler O Gott, entsetzlich, und so furchtbar groß! Mephisto Ich find' sie als Klavierhand ganz famos. Die Spannung schon erspart euch alle Müh', Und Stücke wie die Don-Juan-Fantasie, Die sonst der Schwierigkeit nicht ganz entbehren, Zwingt ihr, als wenn's die "Klosterglocken" wären. Schüler Vielleicht 'mal später, aber noch nicht heut'. Die Kraft ist schwach, und ach, die Kunst ist weit; Ihr werdet es erfahren, wenn ich spiele, Wie weit entfernt ich noch von solchem Ziele. Mephisto Das wüßt' ich gerne im Moment schon: Wohlan, beginnen wir die Lektion. Zeigt, was ihr könnt! Schüler Ein einzig Stückchen nur Kann ich euch zeigen auf der Tastatur, Denn alle anderen verschwitzt' ich schon. Mephisto Wie heißt das Stück? Schüler Es ist die "HOLZAUKTION", Die Grunewalder Hymne sozusagen, Nichts anderes wüßt' ich euch vorzutragen. Mephisto Nur nicht geniert, ich will dem Vortrag lauschen, Spielt mir sofort das Grune-Waldesrauschen! Notenquetscher spielt in unbeholfener Weise das Thema: ![]() ![]() Mephisto Nun spielt dasselbe Stück mir noch einmal, Doch wohl verstanden: transkribiert total, Als ob der CZERNY der Verfasser wäre! Schüler Das kann ich nicht, bei meiner Schülerehre! Wie soll ich das? Mephisto Das läßt sich leicht erreichen; Ihr wißt, ich bin ein Magier ohnegleichen, Gebt her die Hand, ich werde sie bestreichen Und sie mit einem Zauberspruch beschwingen, Dann wird euch alles, was ihr wollt, gelingen. (Er ergreift die Hand.) Hokus, Pokus, eins, zwei, drei, Alles sei dir einerlei, Meistre die Klaviatur, Habe Technik und Bravour, Vier, fünf, sechs, sieben, acht, neun, zehn, Spiele jetzt, – es wird schon gehn! Schüler Mir ist, als wär' ich in Hypnose, Schon werden die Gelenke lose; Sagt mir nun nochmals, was ich spiel': Mephisto Die "Holzauktion" im Czerny-Stil! Vortrag des zweiten Stücks: ![]() ![]() Mephisto Das ging schon besser relativ; Nun bringt dasselbe Holzmotiv Mit einer anderen Passagenkette, Als wenn CLEMENTI sie geschrieben hätte. Vortrag des dritten Stücks: ![]() ![]() Mephisto So lob' ich mir die "Holzauktion". Schüler Wie dank' ich euch für die Lektion! Ja früher war mein Können ärmlich, Doch jetzt, o Meister, spür' ich förmlich, Wie sich beflügeln meine Finger; Noch heut' werd' ich ein echter Musenjünger Und würdig eines solchen Instrumentes. Mephisto Der Wille leistet Eminentes, Wenn ihr nur wollt, o glaubt, ihr könnt es! Die Kunst vertieft sich mehr und mehr! Ihr spielt die Klassik wie d'ALBERT Und dürft es zweifellos riskieren, SEBASTIAN BACH zu produzieren. Schüler Im Grunewald das Bach-Geplätscher, Gespielt von Anton Notenquetscher! Vortrag des vierten Stücks: ![]() ![]() Mephisto Ihr seid jetzt ein perfekter Bach-Mann, Und gar nicht weit entfernt von PACHMANN; So steigt ihr auf der Fortschrittsleiter Nur weiter, Freund, nur immer weiter; Das Repertoire müßt ihr vermehren: JOHANNES BRAHMS will ich jetzt hören. Schüler Ach, den Johannes spiel' ich gern, und umso lieber, insofern Dies Instrument, das mich zu Kunst entflammt, Aus der JOHANNIS-Straße stammt. Vortrag des fünften Stücks: ![]() ![]() Mephisto Das hätte HANSLICK hören müssen! Der hätt' euch wahrlich nicht verrissen; Nun spielet mal, verehrter Streber, Ein recht graziöses Stück von WEBER. Vortrag des sechsten Stücks: ![]() ![]() Schüler War es so recht? Mephisto ME HERCULE! Ihr habt bereits das JEU PERLÉ, Wie SAINT-SAËNS und FRANCIS PLANTÉ; Euch aufzuhalten wär' pedantisch, Schnell absolviert was Neuromantisch! Spielt gleich ein Stück in CHOPINs Weise! Schüler Chopin! Mir Leib- und Magenspeise! Zwar meinte jüngst ein Meister der Methodik, Der Chopin müßte wälzen sich im Grabe, Weil ich von Chopinscher Melodik Auch nicht die schwächste Ahnung habe. Mephisto Das ändert sich bestimmt ab dato, Spielt ihn nur weidlich im Rubato! Vortrag des siebenten Stücks: ![]() ![]() Mephisto Was wollt ihr mehr? Vor zehn Minuten Schüler, Und jetzt perfekter Chopin-Spieler! Schüler Das, Meister, hör' ich mit Behagen! Es sei mir gute Vorbedeutung, Mich ohne weitere Vorbereitung An ANTON RUBINSTEIN zu wagen. Mephisto Nur zu, verehrter Musensohn, Wag' diese Kombination, Zwei Edelsteine im Verein: Ein Bechstein und ein Rubinstein! Vortrag des achten Stücks: ![]() ![]() Mephisto Den Rubinstein habt, wie mir scheint, Ihr fast noch überrubinsteint; Nun fragt es sich, ob ihr am Instrument FRANZ LISZT noch überlisten könnt. Schüler Vor Liszt bangt mir doch ganz gewaltig; Liszts Technik ist so vielgestaltig, Die Schwierigkeit so mannigfaltig Und stellenweise so rabiat, Daß ich mich fürchte in der Tat. Mephisto Hast du schon wieder Angst, mein Lieber? Verscheuche flugs dein Lampenfieber, Die Zauberformel stärkt dich noch, Du denkst, es geht nicht – es geht doch! Die Finger rechts und links verrenke, Verzehnfache die Handgelenke Und pauke los mit deinen Tatzen, Daß dir die Trommelfelle platzen; Den Flügel wird du nicht zerspalten – Der hat schon anderes ausgehalten! Sahst du auch Liszt im Leben nie, Wird man nach dieser Rhapsodie Wie schon bei manchen andern Spielern Die übliche Reklame lesen: Du seist von Lisztens Lieblingsschülern der allerlieblingste gewesen! Schüler Das hör' ich mit vergnügter Miene; Ihr wißt mich gut zu inspirieren, Ihr gebt mir ein Gefühl zu spüren, Als wär' ich eine Dampfmaschine, Die überheizt zum Explodieren. Und wie das Übermenschentum Die Zukunft hat im Menschenlose, So strebe ich nach höchstem Ruhm Als kühner Übervirtuose! Vortrag des neunten Stücks: ![]() ![]() Mephisto Bravissimo! Das lob' ich mir, Ihr spielt das wie ein Drehklavier, So fertig, so nuancenreich; Mit dieser Leistung, sag' ich euch, Könnt ihr vor aller Welt besteh'n! Schüler Ich kann unmöglich wieder geh'n, Ich muß euch noch mein Stammbuch überreichen; Gönn' eure Gunst mir dieses Zeichen. Mephisto Gebt es nur her, ich werde schreiben, Und im Gedächtnis soll's euch bleiben. Schüler (liest) "Was auch die Spötter allerwegen Zu euren Künsten sagen mögen, Instrumental bleibt für und für Das allerschönste, das Klavier; Und jener Stein, den man vergebens Gesucht hat in Adeptenkreisen, Er sei der Inhalt eures Lebens: Der Bechstein ist der Stein der Weisen!" Ja das ist wahr! Zu weitrem Dank Bin ich ein andermal erbötig; Ich stürm' ins Leben frei und frank, Denn Stunden hab' ich nicht mehr nötig. Mephisto Das wollt' Mephisto selbst betonen, Der euern Spieltrieb neu geweckt hat; Spielt stets die Variationen, Denn: VARIATIO – DELECTAT! |